Maximale Flexibilität mit Wärmespeichern ohne operative Risiken 

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Die meisten Fernwärmeunternehmen in Europa verschaffen sich mit Wärmespeichern eine gewisse Flexibilität, indem sie die Produktion und Nutzung von Wärme zeitlich entkoppeln. Allerdings hat es sich als schwierig erwiesen, jeweils den richtigen Zeitpunkt zum Beladen und Entladen der Speicher zu bestimmen. Maßgebliche Faktoren sind das Fernwärmenetz, die Strompreise und die Erzeugereinsatzplanung. Sie müssen berücksichtigt werden, um das Potenzial eines Wärmespeichers voll auszuschöpfen. 

Derzeit ersetzen Fernwärmeunternehmen zunehmend fossile Energieträger durch erneuerbare Energiequellen, die zentral und dezentral im gesamten Fernwärmenetz angebunden werden. Oftmals ist es jedoch nicht einfach, die Nutzung dieser Energiequellen so zu maximieren, dass die Abhängigkeit von der sicheren Grundlast, die jahrzehntelang von fossilen Energieträgern gestellt wurde, überwunden wird. 

Um während dieser Umstellung für operative und wirtschaftliche Stabilität zu sorgen, setzen Fernwärmeunternehmen diverse physische und digitale Mittel ein. Vor allem Wärmespeicher sind ein wichtiges Instrument, um im täglichen Betrieb die nötige Flexibilität und operative Sicherheitsmargen zu schaffen. 

Abgesehen vom Hauptziel der Fernwärmeunternehmen, den Anteil der erneuerbaren Energien zu steigern, eröffnen Wärmespeicher die Möglichkeit, im Stromgeschäft flexibler zu agieren und somit höhere Einnahmen zu erzielen. 

Diesen Schritt zu tun, d. h. Wärmespeicher nicht nur einzusetzen, um den Anteil der Erneuerbaren zu erhöhen, sondern die damit gewonnene Flexibilität auch für andere Zwecke sinnvoll einzusetzen, bringt allerdings einige Herausforderungen mit sich. 

Wann ist der beste Zeitpunkt zum Beladen und Entladen? 

Um die Vorteile von Wärmespeichern voll auszuschöpfen, gilt es, viele Fragen zu beantworten. Wann ist der optimale Zeitpunkt zum Beladen und Entladen des Wärmespeichers? Welcher Erzeuger lädt den Speicher mit welcher Temperatur – und wie viel Energie wird gespeichert? 

Es ist nicht damit getan, sicherzustellen, dass der Wärmespeicher nicht gerade dann leer ist, wenn, beispielsweise bei einer Spitzenlast am Morgen, zusätzliche Energie benötigt wird. In einem Worst-Case-Szenario kommt es zu einer Nachfragespitze, wenn der Wärmespeicher gerade geleert wurde und die erneuerbaren Energiequellen bereits ihre maximale Kapazität erreicht haben. 

In solchen Fällen greifen Fernwärmeunternehmen oft auf besonders teure und umweltschädliche Erzeuger wie Spitzenlastkessel zurück, da nur sie schnell genug hochgefahren werden können. Wollte man indessen Wärmespeicher ausschließlich als Puffer für Spitzenlasten nutzen, müsste man auf die höheren Einnahmen verzichten, die sich dank der durch sie geschaffenen Flexibilität auf dem Strommarkt erzielen lassen. 

Den richtigen Mittelweg zwischen diesen beiden Extremen zu finden, ist nur eine der vielen Herausforderungen, die Fernwärmeunternehmen bei der Speicheroptimierung bewältigen müssen. Derzeit werden Wärmespeicher in der Regel mit einer Standardlogik gesteuert, beispielsweise Laden in der Nacht und Entladen während der Spitzenlastzeiten. 

Dieser Ansatz sorgt für ein gewisses Maß an Stabilität. Aber der Mehrwert, den die Unternehmen aufgrund der Flexibilität von Wärmespeichern erzielen könnten, wird nicht vollständig realisiert. 

Maßgebliche Faktoren für die Flexibilität Ihres Wärmespeichers 

Fernwärmeunternehmen benötigen Echtzeitdaten über ihre Wärmespeicher, aus denen sie in Kombination mit End-to-End-Daten über das gesamte Fernwärmesystem ablesen können, was wann zu tun ist. Hier liegt der Schlüssel zum erfolgreichen Einsatz von Wärmespeichern. Dafür gibt es drei wesentliche Gründe: 

1. Das Fernwärmenetz beeinflusst die im Speicher verfügbare Wärmemenge 

Das Temperaturniveau im Fernwärmenetz, auf dem der Speicher die Wärme vorhält, entscheidet über die Menge der gespeicherten Energie. Die zeitliche Verteilung der Bedarfsspitzen wiederum entscheidet über den Zeitpunkt, an dem das Entladen des Speichers beginnen sollte. Je nach Jahreszeit – zum Beispiel im Winter gegenüber dem Frühjahr oder Herbst – kann dies ganz unterschiedlich sein. 

Ein weiterer Faktor sind hydraulische Begrenzungen (Engpässe) um den Standort der Wärmespeicher, die deren maximale Leistung beeinträchtigen. Im Falle dezentraler Speicher sind diese Auswirkungen besonders stark. 

2. Externe Preissignale ändern sich permanent  

Wenn Sie mithilfe Ihres Wärmespeichers auch die Volatilität der Strommärkte zu Ihrem Vorteil nutzen möchten, gestaltet sich die optimale Speichersteuerung noch komplexer. Die Strompreise sind extrem volatil und können sich auch untertags schnell ändern. 

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Strompreise auf dem Day-Ahead-Markt für den 5. Januar 2024 in Finnland (Quelle: Nordpool)

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Strompreise auf dem Day-Ahead-Markt für mehrere Tage Mitte Januar 2024 in Finnland (Quelle: Nordpool) 

Die Dynamik des Strommarkts lässt sich nicht durch standardisierte Schwellenwerte beherrschen. Die Preismuster ändern sich von Stunde zu Stunde und von Tag zu Tag, was Prognosen extrem erschwert. 

Für Unternehmen, die Wärmespeicher betreiben, ist es nichts Neues, dass sich die rentabelsten Zeiten für die Erzeugung und den Verbrauch von Strom täglich ändern. Und diese Strompreise bestimmen letztlich den Preis der Wärmeversorgung für die Endkunden. 

Im Idealfall ist es bei hohen Preisen ressourceneffizienter, den Speicher mit KWK-Wärme zu laden und den Strom zu verkaufen. Und wenn die Strompreise sinken, ist das Laden des Speichers mit einer Wärmepumpe oder einer elektrischen Kesselanlage die bessere Lösung. Gerade in Deutschland mit seinen zahlreichen KWK-Anlagen ist dieses Thema von besonderer Relevanz. 

3. Die Erzeugereinsatzplanung ändert sich täglich je nach Nachfrage 

Die Erzeugereinsatzplanung hängt von der Nachfrage ab. Und diese ändert sich täglich in Abhängigkeit von der Außentemperatur, der Jahreszeit, bestimmten Zeitpunkten wie Feiertagen und vielen weiteren witterungsbedingten und historischen Variablen. 

In Anbetracht dieser Faktoren ist es nicht immer klar, wann der Wärmespeicher im Interesse einer optimalen Leistung geladen und entladen werden sollte. Wenn beispielsweise tagsüber ein Schneesturm heraufzieht und die Nachfrage steigt, sollte dann aus erneuerbaren Energiequellen wie Erdwärme, mit einer Wärmepumpe oder aus einer KWK-Anlage geladen werden? 

Der Rahmen für die Erzeugereinsatzplanung wird durch die Nachfragemuster gesetzt, und der damit gegebene Spielraum ist maßgeblich dafür, welcher Zeitpunkt und welche Energiequelle für das Laden des Speichers am geeignetsten ist. 

Außerdem unterscheidet sich die Effizienz der Erzeuger je nach geforderter Last. Ein Wärmespeicher verschafft Ihnen mehr Optionen für eine intelligente Lastplanung – aber es wird auch schwieriger, die richtige Entscheidung zu treffen. Ist es bei Bedarf an niedrigen Temperaturen beispielsweise sinnvoll, die Last der Wärmepumpe zu maximieren und deren Leistungskoeffizienten (COP) zu erhöhen – oder sind die Strompreise zu dieser Zeit so hoch, dass der Einsatz der KWK-Anlage kosteneffektiver wäre? Zur Maximierung der Gesamteffizienz muss man genau wissen, wann welche Last eingeplant werden sollte. 

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Ansicht eines Wärmeerzeugungsplans im Digitalen Zwilling mit verschiedenen Arten von Erzeugern und integrierten Lade- und Entladezyklen für Wärmespeicher 

Fazit 

Um den Betrieb von Wärmespeichern im Hinblick auf Flexibilität und Zuverlässigkeit zu optimieren, müssen alle Aspekte des Fernwärmesystems berücksichtigt werden, von der Nachfrage beim Endabnehmer über die Dynamik des Fernwärmesystems bis hin zur Erzeugereinsatzplanung und der Volatilität des Strommarkts

Und da all diese Faktoren stark ineinandergreifen und sich die Bedingungen permanent ändern, muss dies in Echtzeit geschehen. 

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Vor Kurzem hat Gradyent eine in Echtzeit funktionierende End-to-End-Sicht eines dezentralen Wärmespeichers erstellt, auf deren Grundlage das betreffende Fernwärmeunternehmen die Temperaturen bei Nachfragespitzen dynamisch optimieren kann. 

Unser Digitaler Zwilling prognostiziert sowohl die Vorlauftemperaturen als auch die Lade/Entladezyklen. So können Spitzentemperaturen gesenkt und Wärmeverluste verringert werden. Die gespeicherte Energiemenge wird maximiert, und unerwartete Versorgungsspitzen werden vermieden. 

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